Rede der Fraktionsvorsitzenden zum Kreishaushalt 2019

Christine Dohmann
Christine Dohmann

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Herr Landrat, meine Damen und Herren, liebe Kreistagsmitglieder,

 

wenn wir hier ausnahmsweise an einem der ersten Werktage im neuen Jahr zusammenkommen, darf ich Ihnen zunächst für Sie persönlich Gesundheit, Zufriedenheit oder einfach alles Gute zum neuen Jahr wünschen. Und sehen Sie es mir nach, wenn ich politisch vor allem den Freien Demokraten viel Erfolg wünsche. Noch wichtiger ist nach meiner Auffassung jedoch, dass es die etablierten demokratischen Parteien, dort, wo sie Verantwortung tragen, durch erfolgreiche Politik, die die Probleme der Menschen löst und keine Ängste schürt, schaffen, den Populisten und Rechten ihren Zulauf zu nehmen und deren Bedeutung in unseren Parlamenten und in der Gesellschaft zu minimalisieren.

 

Dem Populismus nicht auf den Leim zu gehen und anzuerkennen, dass es auf komplexe Fragen keine einfachen Antworten gibt; dieser Aufgabe müssen auch wir uns stellen. Und wer mit dem Slogan "Stoppt den Wahnsinn!" gegen einen Mehrheitsbeschluss dieses Hauses vorgeht, sollte sich sehr selbstkritisch fragen, ob er die Grenze zum Populismus nicht überschritten hat.

 

Das Jahr 2018 wird ohnehin nicht positiv in die Annalen dieses Kreistags eingehen. Dieses Gremium heißt ja Kreistag, weil es die Vertretung der Bürgerinnen und Bürger des Kreises Recklinghausen ist. Es heißt nicht Kreistag, weil, es gilt möglichst, viele Kreise oder Salti bei politischen Entscheidungen zu zeigen. Insbesondere bei der zum Kreishaus.

 

Die Fraktion der Freien Demokraten ist nach wie vor zutiefst davon überzeugt, dass die Entscheidung zur Sanierung dieses Gebäudes die falsche ist. Aber jetzt gilt es, klug mit der getroffenen Entscheidung umzugehen.

 

Es ist ja unter anderem immer wieder gesagt worden, dass es einem Eigenheimbesitzer überhaupt nicht vermittelbar sei, dieses Gebäude nach weniger als 40 Jahren Nutzungsdauer nicht mehr zu sanieren. Das ist übrigens auch einer der Punkte zum Thema komplexe Fragen, einfache Antworten. Die FDP-Fraktion hatte deswegen zur November-Sitzung einen ausführlichen Fragenkatalog zum Planungsstand der Sanierungsarbeiten gestellt. Eine Frage darin war die zum Zeitpunkt der Sanierung von Fenstern und Dächern. Wir alle wissen, dass es dort immer wieder Undichtigkeiten gibt, dass Feuchtigkeit ins Gebäude dringt. Die Antwort der Verwaltung war, dass das kurzfristig nicht auf dem Plan steht. Es stand ja auch so nicht im Bürgerbegehren, ist die Begründung.

 

Und da kommt jetzt wieder der Eigenheimbesitzer ins Spiel. Wie soll der das denn verstehen? Welcher Eigenheimbesitzer bleibt denn bei Feuchtigkeit im Gebäude untätig? Mein Elternhaus ist auch ein Gebäude mich Flachdach und ich kann mich gut daran erinnern, wie hektisch meine Eltern wurden und bis heute werden, wenn das Dach mal wieder an einer Stelle undicht ist. Da wird doch sofort der Dachdecker gerufen.

 

Wer jetzt nicht dafür sorgt, dass solche eklatanten Schäden am Gebäude kurzfristig behoben werden, der macht sich schuldig daran, dass die Bausubstanz hier weiter vergammelt. Aber geplant ist dazu aktuell nichts, also findet sich dazu auch nichts im Haushalt.

 

Natürlich sind die Dinge, die jetzt geplant sind, von Brandschutz, über Stromversorgung, Heizung und Sanitär genauso wichtig, aber wenn schon Sanierung, dann doch bitte richtig. Das würde der Eigenheimbesitzer doch auch so machen.

 

Aber nicht nur das Kreishaus ist eine Baustelle, unsere Brücken sind es auch. Es hätte nie geschehen dürfen, dass wir erforderliche Brückenprüfintervalle nicht einhalten können, dann Brückensperrungen oder Teilsperrungen erforderlich werden, und wir damit für Unsicherheit bei Bürgerinnen und Bürgern verantwortlich sind. Und diese Situation ist ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern ist das Resultat einer verfehlten Personalplanung und Personalführung der Verwaltungsspitze. Dafür trägt der Landrat - dafür trägt Cay Süberkrüb - die alleinige politische Verantwortung! Und daraus werden wir ihn auch nicht entlassen.

 

Wenn es quasi wie ein Sechser im Lotto ist, einen Brückenprüfer zu finden, der bereit ist, für die öffentliche Verwaltung zu arbeiten, erstaunt es umso mehr, dass von diesen seltenen Exemplaren beim Lippeverband welche herumsitzen, die dort offenbar so wenig zu tun haben, dass sie für den Kreis tätig werden können. Erst wenn diese Leute zügig anfangen, den Bearbeitungsstau hier aufzulösen, können wir zufrieden sein. Wenn nicht, müssen zügig Aufträge an private Ingenieurbüros vergeben werden, auch wenn das teurer ist. Die Sicherheit hat hier oberste Priorität.

 

Sie sehen, es gibt viel Schatten in der Kreispolitik, fairerweise will ich auch die positiven Seiten erwähnen: Mit der Sanierung unserer Berufskollegs geht es zügig weiter, und es ist richtig, dass wir auf Grund der gleich bleibenden Schülerzahlen jetzt auch das letzte Gebäude am BK Gladbeck sanieren, genauso wie das Gebäude 7 in Castrop-Rauxel.

Dass wir die Frauenberatung weiter sichern konnten, ist richtig, und ich erinnere gerne daran, dass der Auslöser dafür ein Antrag der FDP-Kreistagsfraktion war.

Wir können die Städte um knapp 30 Mio. EUR entlasten gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung, das sind knapp 30 Mio. EUR weniger, die die Städte für die Kreisumlage bezahlen müssen. Das hilft ihnen enorm weiter. Gelungen ist auch flexible Bezahlung der Kreisumlage; hier ist wirklich etwas kreatives gelungen, das dem Kreis und den Städten hilft.

 

Das war es dann aber schon mit den positiven Dingen, insgesamt ist das zu wenig Licht und zu viel Schatten.

 

Den Freien Demokraten ist es ein Anliegen, dass wir mit unserer Politik und unserer Planung über den Tag und über's Jahr hinausdenken. Wir denken auch über Wahlperioden hinaus, denn es ist unsere Aufgabe, unseren Nachfolgern keine Haushaltsrisiken zu hinterlassen. Öffentliche Haushalte müssen generationengerecht, müssen "enkelfit" sein.

 

Deswegen haben die Freien Demokraten heute einen Antrag zur finanziellen Vorsorge für zukünftige Pensionslasten eingebracht. Dieser Antrag sollte Ihnen bekannt sein. In der vergangenen Kreistagssitzung wollten SPD und CDU nicht mal darüber reden, deswegen verschwand er von der Tagesordnung. Ich wiederhole das noch einmal: Über einen generationengerechten Haushalt wollte unsere Groko hier nicht einmal sprechen! Da kann von "machen" dann wohl gar keine Rede sein.

 

Es ist ein Gebot der Verantwortung, Rückstellungen für zukünftige Pensionslasten zu bilden. Für die Übernahme der Beamtinnen und Beamten der BA haben wir von dort auch die entsprechenden Mittel erhalten. Dann lasst uns sie auch dafür verwenden. Die Freien Demokraten möchten nicht, dass in 15 oder 20 Jahren, wenn ganz andere Leute im Kreistag sitzen, die für Dinge aufkommen müssen, die wir heute versäumen. Wenn unsere Nachfolger von diesen Belastungen verschont bleiben, ist das Zukunftsorientierung und gelebte Generationengerechtigkeit.

 

Es gibt das Argument, dass wir nichts tun sollten, was die Städte nicht leisten können, weil die Städte im Moment eben keine Pensionsrückstellungen bilden können.

 

Was ist das denn für eine unsägliche Neiddebatte! Umgekehrt wird doch ein Schuh draus. Denken wir auch an die Kreisumlage in 15 oder 20 Jahren. Und denken wir auch daran, dass wir in diesem Jahr den Städten schon knapp 30 Mio. EUR weniger Kreisumlage zumuten als geplant. Das ist schon ein sehr ordentlicher Wert, damit können die Städte viel anfangen.

 

Es ist doch ein Unsinn, keine Pensionsrückstellungen zu bilden, nur weil sich das die Städte nicht leisten können. Gehen wir doch mutig voran und stellen wir uns unserer Verantwortung für die Zukunft.

 

Meine Damen und Herren,

 

die Freien Demokraten stimmen dem Haushalt für 2019 nicht zu.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.